von Holger König
Ein essentieller Aspekt in der Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden ist die anwendungsorientierte und damit praxisnahe Bilanzierung von Stoffeigenschaften und -kreisläufen. Der Begriff der "erneuerbaren" Energie ist hierbei eine maßgebliche Größe und dürfte künftig weiter an Bedeutung gewinnen.
Lange Zeit beschränkte sich die Baustoffkunde ausschließlich auf die Betrachtung der stofflichen, physikalischen und chemischen Eigenschaften der Materialien. Aspekte wie Gesundheit, Komfort, Umweltbelastung und Umweltfolgen spielten dagegen keine Rolle. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde allmählich ein Zusammenhang zwischen Umwelt- und Gesundheitsschäden sowie den Aktivitäten der Baustoffindustrie hergestellt. In den Sechziger- und Siebzigerjahren kam es zu Gesundheitsskandalen im Zusammenhang mit Asbest (Zuschlagstoff in Putzen und Platten), Formaldehyd (Spanplattenkleber) und Pentachlorphenol (Holzgiftmittel). Die Schwefeldioxidproduktion bei Verbrennungsprozessen wurde in den Siebzigerjahren als Ursache des Waldsterbens erkannt und das wachsende Ozonloch entstand als Folge der Freisetzung von Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) aus Treibmitteln, unter anderem für geschäumte synthetische Baudämmstoffe. Die finanziellen Folgen dieser gesundheitlichen Schädigungen und Umweltzerstörungen ließen die politischen Institutionen und Behörden aufschrecken und führten in Deutschland und Teilen Europas zu einer Veränderung der wissenschaftlichen, politischen und juristischen Rahmenbedingungen.
In der Diskussion über die "richtige" Energie ergab sich schnell die Unterscheidung in nicht erneuerbare und erneuerbare Energie. Im Baubereich blieb diese Erkenntnis unberücksichtigt, so dass das Stoffverständnis weiterhin vom naturwissenschaftlichen Denken des 19. Jahrhunderts geprägt ist und sich an der Gliederung der Chemie in anorganische und organische Stoffe orientiert. Ob die Quelle des Kohlenstoffs eine nachwachsende oder eine endliche Ressource ist, spielt dabei keine Rolle. Eine alternative Einteilung, die die Stoffherkunft berücksichtigt, unterscheidet zwischen mineralischen, vegetabilen (pflanzlichen), animalischen und synthetischen Baustoffen1, wobei die pflanzlichen Stoffe erneuerbaren und die synthetischen nicht erneuerbaren Kohlenstoff enthalten. Die synthetischen Materialien nehmen dabei eine Zwitterstellung zwischen mineralischen und vegetabilen Stoffen ein, da ihre Ausgangsstoffe zwar ursprünglich pflanzlicher Herkunft sind, sie über Jahrmillionen aber tief greifende Veränderungen erfahren haben und zu Kohle, Erdgas oder Erdöl umgewandelt wurden. Einerseits nahezu unverrottbar und andererseits leicht entflammbar, zeigen sie eine zwiespältige Grundcharakteristik. Mit der Bedeutung der Knappheit der Ressourcen bekommt diese Stoffgliederung eine weitreichende Bedeutung, da die fossilen organischen Rohstoffe auf unserem Planeten endlicher Natur sind.
Am Beispiel der organischen Baustoffe sollen die spezifischen Stoffeigenschaften und fundamentalen Unterschiede von nicht erneuerbarem und erneuerbarem Kohlenstoff unter ökologischen Gesichtspunkten erläutert werden. Kunststoffe erobern seit über 100 Jahren immer mehr Lebensbereiche, da sie in eng fokussierten Nutzungsspektren eindeutige Vorteile gegenüber anderen Materialgruppen aufweisen. Ihnen lassen sich extrem unterschiedliche Eigenschaften zuweisen, die von sehr geringem bis zu sehr hohem Gewicht, von resistent gegen Fäulnis bis zu verrottungsfähig, von hart bis weich und von hoch elastisch bis zu reißfähig reichen können. Der in Jahrmillionen entstandene und abgelagerte Kohlenstoff wird durch die Nutzung der fossilen Rohstoffe heute freigesetzt und ergibt durch die Anreicherung in der Atmosphäre das Phänomen des Treibhauseffekts. Pflanzen verwandeln durch Fotosynthese das Kohlendioxid aus der Luft mithilfe der Energie des Sonnenlichts in Saccharide. Diese Grundsubstanz wird unter anderem in Zellulose umgebaut, eine Aufbausubstanz für die Faser- und Holzbildung. Dabei wird der für den Menschen lebensnotwendige Sauerstoff freigesetzt. Da der Kohlenstoff im Holz und in den daraus hergestellten Bauprodukten gebunden ist, stellen Bäume, Holzprodukte und Gebäude mit Bauprodukten aus Holz einen - zeitlich limitierten - Kohlenstoffspeicher dar.
Beinahe jeden Tag wird im Wirtschaftsteil der Tageszeitungen oder in den Nachrichten im Fernsehen, Radio und Internet über knapp werdende Rohstoffe berichtet. Dies können seltene Erden sein, Metalle oder fossile Rohstoffe. Vor allem der Bauboom in Schwellenländern wie China führt zu kurzfristigen Engpässen und letztlich langfristiger Verknappung nicht erneuerbarer Rohstoffe. Im Unterschied hierzu besitzen die nachwachsenden Rohstoffe ein im Prinzip unerschöpfliches Wachstumspotenzial. Ihre Begrenzung besteht durch die Verfügbarkeit der Fläche. Die Entnahme von Baumstämmen zur Nutzung für Produkte schafft Platz für neue Bäume. Wenn das Holz in langfristig nutzbaren Produkten etwa für die Gebäudeproduktion verwendet wird, wächst der Kohlenstoffspeicher an. Am Ende des Lebenszyklus eines Bauprodukts beziehungsweise am Ende des Betrachtungszeitraums des Gebäudes wird der nachwachsende Rohstoff wieder dem Gebäude entnommen und beseitigt oder einer anderen Nutzung zugeführt. In der Ökobilanzierung des Gebäudes wird der Kohlenstoffspeicher dann wieder auf "Null" gestellt.
Um die komplexen Umwelteinflüsse bei der Baustoffproduktion und deren Verwendung zu erfassen, ist es notwendig, die in anderen Produktzweigen bekannte Methode der Lebenszyklusbetrachtung auf Bauprodukte anzuwenden. Die dabei zu berücksichtigenden Prozesse gliedern sich in drei Phasen:
Die Lebenszyklusbetrachtung verdeutlicht die Folgen von Produktprozessen, auch wenn diese generationenübergreifend sind, das heißt in eine Zukunft von 50 oder 100 Jahren reichen. Die Gliederung in Baustoffe mit nicht erneuerbarem und erneuerbarem Kohlenstoff, der Zurichtungsgrad und die Lebenszyklusbetrachtung finden sich heute in der Ökobilanzierung wieder. Als ganzheitlicher Ansatz berücksichtigt sie den gesamten Lebenszyklus einschließlich des damit verbundenen Ressourcenverbrauchs und bewertet die damit verbundenen Umweltwirkungen. Während bisher meist nur die direkten Auswirkungen der Herstellung bezogen auf Standort oder Nutzung betrachtet und möglichst minimal gehalten wurden, versucht die Methode der Ökobilanz auch Problemverlagerungen an andere Orte oder in andere Umweltmedien zu berücksichtigen und zu reduzieren. Dieser Ansatz schließt den gesamten Lebenszyklus ein, also neben der Herstellung auch die Nutzung und die Entsorgung des Produkts - von der Wiege bis zur Bahre ("cradle to grave").2
Das Ende des Lebenszyklus ("End of Life") eines Materials oder Bauprodukts bedarf einer besonderen Analyse, da in Abhängigkeit von den Rohstoffen unterschiedliche Entsorgungswege möglich sind. Diese haben einen wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisse der Ökobilanz. Das Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Stadtplanung (BMVBS) stellt zur Durchführung der Berechnung eine öffentliche Datenbank mit Ökobilanzmodulen zur Verfügung (Ökobau.dat - Informationsportal Nachhaltiges Bauen). Die in der Datenbank zum Einsatz kommenden Rechenregeln entsprechen sowohl internationalen Konventionen als auch branchenspezifischen Regeln. Die hier durchgeführten Ökobilanzierungen bedienen sich der Datenbank Ökobau.dat als Basisinformation. Zur Erleichterung der Berechnung sind eindeutige Entsorgungsszenarien für bestimmte Rohstoffkategorien vorgegeben. Diese beinhalten in der Folge bestimmte Verrechnungsregeln, etwa Gutschriften für Recyclingpotenziale bei Metallen.
Materialbezogene "End of Life"-Regeln:
Für die Bauprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen ist von Bedeutung, dass das CO2-Speicherpotenzial, das im Gebäude enthalten ist, auf "Null" gestellt wird. Allerdings wird durch die vorgesehene thermische Verwertung der Rohstoffe die bei der Kraft-Wärmekopplung erzeugte Stromproduktion dem Gebäude gutgeschrieben.
Für eine vergleichende Ökobilanzierung wurden sechs Gebäude ausgewählt, bei denen in vielen Bauteilen nachwachsende Rohstoffe eingesetzt wurden. In Bild 9 sind die wichtigsten Kenndaten dieser Gebäude dargestellt. Die Modellierung und Berechnung der Objekte verfolgte das Ziel, neben dem physischen Gebäudemodell auch ein digitales Informationsmodell mit der exakten Beschreibung des Aufbaus aller Bauteile, der Mengenermittlung und der Lagezuordnung zu formulieren. Dieses Informationsmodell stellte die Grundlage für die Berechnung der Herstellungskosten, des Energiebedarfs, der Lebenszykluskosten sowie der Ökobilanz dar. Zu jedem Gebäude wurde zudem eine "Standardausführung" mit konventionellen Bauprodukten, die weitgehend aus nicht nachwachsenden, das heißt aus mineralischen, metallischen und synthetischen Rohstoffen bestehen, modelliert. Die aufgelisteten Gebäude sind in Raum, Fläche und Gestalt mit den realen Gebäuden identisch. Sie erfüllen auch dieselben energetischen Zielwerte. Die Modellierung dieser "zweieiigen Zwillinge" macht die Unterschiede der verschiedenen Konstruktionsweisen deutlich.
Bei den Auswertungen für die Ökobilanz wurden die Gebäude ab der Unterkante Bodenplatte des Erdgeschosses berechnet. Vorhandene Kellerbauteile und Gründungsbauteile sind nicht Bestandteil der Bilanzierung. Diese Bauteile (Fundamente, Rüttelstampfsäulen, Bohrfundamente, Voll- oder Teilunterkellerung) haben erfahrungsgemäß einen verzerrenden Einfluss auf das Ergebnis bezüglich der Funktion des Gebäudes und seiner Materialqualität. Das folgende Diagramm zeigt die unterschiedlichen Werte der Kubaturen sowie die Bruttogrundfläche der sechs Objekte auf. Die Anwendung eines integralen Planungs- und Berechnungswerkzeugs erleichtert die Systematisierung der Qualitäten in den empirisch vertrauten Sektoren (Kosten und Energiebedarf) und erlaubt eine Überprüfung der ökologischen Berechnungsergebnisse auf signifikante Unterschiede.
Für diese Untersuchung wurden nur Gebäude ausgewählt, bei denen Holz auch die primäre Tragkonstruktion bildet. Werden nachwachsende Rohstoffe nur punktuell am Gebäude eingesetzt, zum Beispiel in der Fassade, im Fußboden oder in der Dachdämmung, so zeigen sich in der Ökobilanz keine signifikanten Unterschiede zu konventionellen Gebäuden, da die verwendeten Mengen an nachwachsenden Rohstoffen zu gering sind. Erst die Ausführung der Primärkonstruktion, also der tragenden Bauteile der Außen- und Innenwände, der Decken und des Dachs aus Holz oder Holzwerkstoffen führt zu einem sichtbar unterschiedlichen Ergebnis. Die Auswertung der verschiedenen Materialinhalte unterscheidet zwischen nicht erneuerbaren Rohstoffen (mineralisch, metallisch, synthetisch) und nachwachsenden Rohstoffen (Holz, Holzwerkstoffe, Pflanzen- und Tierfasern). Die Bezugsgröße ist wegen der besseren Vergleichbarkeit der Objekte 1 m2 Bruttogrundfläche über Terrain (Einheit ist Kilogramm).
Deutlich ist zu erkennen, dass die Gebäude aus nachwachsenden Rohstoffen 50 bis 65 Prozent des Gewichts der konventionell gebauten Gebäude erreichen. Darüber hinaus zeigt das Ergebnis den sehr geringen Anteil an nachwachsenden Rohstoffen bei konventioneller Bauweise von 0,5 bis ein Prozent des Gesamtgewichts des Gebäudes. In Gebäuden mit vielen Bauteilen aus nachwachsenden Rohstoffen erreichen diese bis zu 25 Prozent des Gesamtgewichts. Die Materialgruppe aus nachwachsenden Rohstoffen erreicht keinen höheren Anteil, weil die relativ wenigen mineralischen und metallischen Bauteile in den Holzgebäuden eine sehr hohe Rohdichte aufweisen. Die Bodenplatten der Holzgebäude bestehen aus Beton und wiegen so viel wie zwei Holzdecken mit Bodenaufbau.
Die Ökobilanz der Gebäude besteht aus zwei Teilen:
1. Energie- und Stoffflussbilanz mit Ressourcennachweis (inklusive Materialliste), Primärenergienachweis, nicht erneuerbar, erneuerbar.
2. Wirkungsbilanz mit den fünf Indikatoren Treibhauspotenzial, Ozonschichtabbaupotenzial, Sommersmogpotenzial, Versauerungspotenzial, Überdüngungspotenzial.
Die Diagramme stellen alle Gebäude im Vergleich dar. Die Bezugsgröße ist 1 m²-Nettogrundfläche (NGF) pro Jahr. Dies entspricht der Bezugsgröße im Zertifizierungssystem. Ausgewertet wird nur das Gebäude für einen Betrachtungszeitraum von 50 Jahren mit den Phasen Herstellung, Instandsetzung und Entsorgung. Die Versorgung mit Energie wird nicht berücksichtigt, da bei beiden Gebäudevarianten dieselben Leistungskennzahlen beim Energiebedarf vorausgesetzt werden. Jeder Indikator spricht ein anderes Problemfeld an, deshalb darf es nicht verwundern, wenn sich die Ergebnisse nicht linear entwickeln, also ein Gebäudetyp nicht bei allen Indikatoren gleich gut abschneidet. Die durchgeführte Ökobilanzierung orientiert sich an den Regeln der in Deutschland existierenden Zertifizierungs- und Bewertungssysteme:
Der nicht erneuerbare Primärenergiebedarf summiert den Einsatz von endlichen abiotischen energetischen Ressourcen wie Steinkohle, Braunkohle, Erdöl, Erdgas und Uran. Kohle wird hauptsächlich zur Energieerzeugung verwendet, die Nutzung von Uran bezieht sich ausschließlich auf die Energieerzeugung in Atomkraftwerken. Erdgas und Erdöl kommen im Wesentlichen zur Energieerzeugung zum Einsatz, sind aber auch ein stofflicher Bestandteil von Kunststoffen. Alle Holzgebäude erreichen bei der nicht erneuerbaren Primärenergie geringere Werte als die Standardgebäude. Der Unterschied beträgt zehn bis 20 Prozent. Dies liegt an den relativ hohen Werten der nicht erneuerbaren Primärenergie für den Kubikmeter trockenes Holz in der Ökobilanzdatenbank. Dadurch entstehen geringere Unterschiede zu den konventionell gebauten Gebäuden, als die Materialmenge erwarten ließe.
Der erneuerbare Primärenergieverbrauch umfasst die verfügbare Energie in Biomasse, die Wasserkraft, Windkraft, Solarenergie und Geothermie. Der Unterschied zwischen der genutzten Endenergie und der dafür notwendig eingesetzten Primärenergie wird durch die Primärenergiefaktoren deutlich. Für eine Kilowattstunde elektrische Endenergie müssen in Deutschland mindestens drei Kilowattstunden Primärenergie eingesetzt werden. Alle Gebäude mit hohem Anteil nachwachsender Baustoffe weisen hohe Anteile von erneuerbarer Primärenergie auf. Es werden fünf- bis achtmal höhere Werte als bei den konventionell gebauten Gebäuden erreicht. Der hohe Anteil an erneuerbarer Primärenergie resultiert aus dem im Material enthaltenen Heizwert der nachwachsenden Rohstoffe. Der pflanzliche Kohlenstoff belastet die Atmosphäre nicht, wenn er verbrannt oder auf natürliche Weise abgebaut wird.
Das Treibhauspotenzial (Global Warming Potenzial) beschreibt den anthropogenen Anteil an der Erwärmung des Erdklimas. Es wird als CO2-Äquivalent angegeben. Um die Verweildauer der Klimagase in der Atmosphäre zu berücksichtigen, wird ein Integrationszeitraum angegeben, zum Beispiel für 100 Jahre. Der Indikator Treibhauspotenzial ist nicht geeignet, um eine Aussage über die Menge des gespeicherten Kohlendioxids durch die nachwachsenden Baustoffe im Gebäude während der Nutzungsphase zu treffen, da der Kohlendioxidspeicher am Ende des Lebenszyklus thermisch verwertet wird. Trotz dieses vorgegebenen Entsorgungsszenarios wird die Entlastungsfunktion des Holzbaus für die Atmosphäre mit Reduktionspotenzialen von 36 bis 70 Prozent gegenüber der Standardbauweise deutlich.
Das Sommersmogpotenzial wird als Ethen-Äquivalent (C2H4-Äquivalent) angegeben. Im Gegensatz zu seiner Filterfunktion in sehr hohen Atmosphärenschichten ist bodennahes Ozon bei hoher Konzentration ein Schadstoff. Verursacher unter den Baustoffen sind vor allem die Lösemittel. Sie entstehen meist beim Aufbringen und späteren Ausgasen aus Beschichtungen. Bei der Berechnung wird zurzeit kein Unterschied zwischen natürlichen Lösemitteln wie zum Beispiel Citrusterpenen und künstlichen Lösemitteln wie Nitrozellulose gemacht. Deshalb darf es nicht verwundern, wenn Gebäude mit Bodenbelägen und Fassadenverkleidungen, die mit Naturharzen beschichtet sind, relativ höhere Werte aufweisen als Gebäude mit vielen mineralischen Oberflächen.
Das Versauerungspotenzial wird als Schwefeldioxid-Äquivalent (SO2-Äquivalent) angegeben. Der Effekt der Versauerung des Regens (Verringerung des ph-Werts) entsteht durch Umwandlung von Luftschadstoffen in Säuren. Die Holzgebäude leisten hierbei eine Entlastung, da vor allem die Primärkonstruktion wesentlich geringere Werte als die mineralischen Konstruktionen aufweist. Die Entlastung liegt zwischen 15 bis 30 Prozent für das gesamte Gebäude über den Betrachtungszeitraum.
Die Verknappung der Ressourcen, die nicht den Energieträgern zuzuordnen sind, wird mit dem Indikator abiotischer Ressourcenverbrauch beschrieben (Einheit kg Antimon-Äquivalent). Es wird somit erstmals möglich, den Beitrag von Holz zur Schonung von nicht erneuerbaren, nicht energetischen Ressourcen aufzuzeigen. Entsprechende Erfahrungen mit diesem Indikator sind noch zu sammeln und Bewertungsgrundlagen zu entwickeln. Die Gebäude mit einem hohen Anteil nachwachsender Rohstoffe erreichen nur 50 bis 80 Prozent des abiotischen Ressourcenverbrauchs der Standardvariante.
Die Vergleiche zwischen Gebäuden in konventioneller Bauweise, die zahlreiche Bauprodukte aus endlichen Ressourcen enthalten und Gebäuden mit einem hohen Anteil an Bauprodukten aus nachwachsenden Rohstoffen haben erhebliche Entlastungspotenziale aufgezeigt, die letztere Bauweise für das Ökosystem bietet. Ein Großteil der heute üblichen Bauaufgaben vom Wohn- bis zum Gewerbebau lässt sich mit Bauteilen aus nachwachsenden Rohstoffen umsetzen. Bei den gezeigten Objekten wurden Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen von der Tragkonstruktion in Außen- und Innenwänden, Decken, Stützen und Dächern über Fassadenverkleidung, Sonnenschutz und Dämmung bis hin zum Innenausbau eingesetzt.
Das Forschungsprojekt zur Ermittlung der Nachwuchspotenziale hat sich zum Ziel gesetzt, das Besondere der Produktgruppe der nachwachsenden Rohstoffe durch eine vergleichende Ökobilanz noch besser herauszuarbeiten. Nachwachsende Rohstoffe unterscheiden sich von allen anderen Baustoffen durch das Nachwuchspotenzial, das sich jedoch nur durch Bewirtschaftung von Wald und Feldern realisieren lässt. Gleichzeitig ist heute zu betonen, dass Nachhaltigkeit in der Land- und Forstwirtschaft nicht unter dem Diktat der Profitmaximierung stehen darf, die sich durch die erkennbaren Folgen von Monokultur, Pestizid- und Düngereinsatz sowie Gentechnik bereits als kurzlebiger Irrtum erwiesen hat. Eine nachhaltige Bewirtschaftung behält immer die Vorteile für die nächste Generation im Auge. Die wirtschaftliche Nutzung ist jedoch nur möglich, wenn eine Nachfrage besteht. Deshalb ist es ein wichtiges Ziel, die Nachfrage für Bauprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen zu sichern und zu erweitern.
Der Autor:
Holger König Architekt, geb. 1951, seit 1984 Geschäftsführung von Ascona GbR und König - Voerkelius GbR, seit 2001 Geschäftsführung der LEGEP Software GmbH, Projektleiter ökologisch orientierter Forschungsprojekte, Mitglied des Deutschen Teams für SB08 in Melbourne, Auditor für das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) und die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).
1 Holger König: Wege zum gesunden Bauen, Freiburg 1998.
2 Holger König / Nikolaus Kohler / Johannes Kreißig /Thomas Lützkendorf: Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung, München 2009.
Die Inhalte des Beitrags sind Teil des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Forschungsprojekts Az. Nr. 29239. Sie wurden in der Ausstellung Bauen mit Holz. Wege in die Zukunft in der Architektursammlung der Pinakothek der Moderne in München 2011 / 2012 gezeigt und mit dem Beitrag des Autors Bauen mit Holz ist aktiver Klimaschutz im Katalog der Ausstellung veröffentlicht.