Erasmusschule Offenbach

63067 Offenbach

Die Historie des Gebäudeensembles im Dreieichring 24 in Offenbach am Main reicht zurück bis in das 19. Jahrhundert. Aus diesem Jahrhundert stammt die denkmalgeschützte Villa, die für die Nutzung als Gesundheitsamt in 1965 um einen schlichten kubischen Bau ergänzt wurde. Dieser Erweiterungsbau war deutlich niedriger als die Villa und übernahm als Reminiszenz deren Material- und Farbkonzept für die Fassade. In der Gesamterscheinung wirkte der Baukörper des Anbaus im Verhältnis zur Villa angeglichen und untergeordnet.

Im Jahr 2008 sollte das Gebäudeensemble des Gesundheitsamtes Offenbach saniert und für eine Krabbelstube, einen Kindergarten und eine einzügige Grundschule umgenutzt werden. Um den erhöhten Flächenbedarf durch die Nutzung als Bildungseinrichtung realisieren zu können, wurde der rückwärtige Garten abgesenkt, so dass die Räume im Untergeschoß hohe Fenster erhalten konnten, die den Zugang zu großzügigen Spielflächen im Außenbereich ermöglichen. Raum für eine große Aula wurde geschaffen, indem der Anbau um ein Geschoss aufgestockt wurde.

Das neue Entwurfskonzept hatte zum Ziel, den kubischen Anbau als eigenständigen Baukörper herauszuarbeiten. Zusätzlich wurde die Fassadenstruktur des 60er-Jahre Anbaus neu interpretiert, der Wechsel aus offenen und geschlossenen Streifen wurde aufgenommen und konsequent fortgeführt. Diese Struktur wurde mit einer vorgehängten und hochdämmenden Holzfassade aus unbehandeltem Lärchenholz versehen und bildet zur pittoresken Villa aus rotem Klinker nun einen starken Kontrast. Beide Gebäude sind durch ein gläsernes Foyer verbunden, ihre eigenständigen Merkmale und die unterschiedliche Erscheinung werden betont und klar hervorgehoben. Die neue Fassade des Anbaus wurde mit dem Schwerpunkt auf ökologisch nachhaltigem Bauen konstruiert.

Adresse
Dreieichring 24
63067 Offenbach am Main
www.erasmus-offenbach.de

Bundesland
Hessen

Bauherr/Bauherrin
SOH Stadtwerke Offenbach Holding GmbH, Offenbach

Architektin
Angela Fritsch Architekten GmbH, Seeheim-Jugenheim
www.af-architekten.de

Tragwerksplaner
Wameling Ingenieure GmbH
Ingenieurbüro für Tragwerksplanung, Offenbach
www.wameling.de

Bauausführung
Ochs GmbH, Kirchberg
www.ochs.info

Baujahr
2010

Auszeichnungen
Award für nachhaltiges Bauen Hessen + Thüringen 2012 (Anerkennung)
Holzbaupreis Hessen 2011

Ansprechpartnerin
Angela Fritsch
Angela Fritsch Architekten GmbH
Auf dem Kreuzberg 1
64342 Seeheim-Jugenheim
www.af-architekten.de

Fotograf
Prof. Dieter Leistner, Würzburg

Gebäudeart
Kindergarten und Schulbau

Objektdaten
Grundstücksgröße: 2.600 m²
Nutzfläche gesamt NF: 1.370 m²
Funktionsfläche FF: 90 m² (Technikfläche)
Verkehrsfläche VF: 673 m²
Bruttogeschossfläche BGF: 2.700 m²
Brutto-Rauminhalt BRI: 10.000 m³

Konstruktion
Die neue Fassade des Anbaus wurde mit dem Schwerpunkt auf ökologisch nachhaltigem Bauen konstruiert. Die gesamte äußere Erscheinung ist von unbehandeltem Lärchenholz geprägt. Nach den Regeln des konstruktiven Holzschutzes verfügen die unbehandelten Hölzer über einen Abstand von 30 cm zum Boden. Insgesamt folgt die Konstruktion dem sogenannten "Opferholzprinzip". Nach diesem Prinzip wird die äußerste Schicht eines Gebäudes bewusst nicht behandelt und der Witterung ausgesetzt. Wird eines Tages ein Austausch der Hölzer erforderlich, so kann das alte, unbehandelte Holz vollständig in den Stoffkreislauf zurückgegeben werden.

Die Aula im zweiten Obergeschoss wurde als Versammlungsstätte eingestuft, wodurch für die Holzfassade die Beantragung einer Abweichung erforderlich wurde. Unter Betrachtung verschiedener Brandszenarien wurde nachgewiesen, dass die bauordnungsrechtlich definierten Schutzziele beim vorliegenden Gebäude auch mit einer Holzfassade in B2 eingehalten werden. Bestandteil dieser Betrachtungen war die geringe horizontale Brandausbreitung bei Holzfassaden, wie sie bei Naturbrandversuchen der MFPA [Materialprüfungs- und Forschungsanstalt] Leipzig festgestellt wurde. Um die vertikale Brandausbreitung zu verhindern wurden Brandschotts angeordnet, die im Brandfall die Hinterlüftungsebene geschossweise brandschutztechnisch wirksam verschließen.

Energiekonzept
Als Heizsystem wurde ein konventionelles Niedertemperatursystem (50/40) mit Fußbodenheizung gewählt. Das System wird mit Fernwärme gespeist, die zu ca. 60 % aus regenerativen Energiequellen gewonnen wird. Eine zentrale Lüftungsanlage versorgt alle Aufenthaltsräume mit Frischluft, ein Wärmetauscher mit 80 % Wärmerückgewinnung vermeidet Energieverluste beim Austausch der Luft.

Die vorgehängte und hochdämmende Fassade hat einen U-Wert von 1,57 W/qmK und bildet zusammen mit dem Dach mit einem U-Wert von 0,11 W/qmK die neue energetische Hüllfläche des Gebäudes. Für die Fenster wurde eine Zweischeibenverglasung mit einem U-Wert der Verglasung von 1,0 W/qmK als wirtschaftlich sinnvolle Lösung in der Gesamtbetrachtung der Fassadensanierung ermittelt und umgesetzt.

Die Fenster sind in der Dämmebene direkt auf dem Bestandsrohbau angeordnet, so dass eine tiefe Leibung entsteht, die dem sommerlichen Wärmeschutz dient. Vor den Öffnungsflügeln sind jeweils feststehende Vertikallamellen aus keilverzinkten, unbehandelten Lärchenvollhölzern angebracht, die vom Fußpunkt des Gebäudes bis zur Attika reichen und an den langen Ost-Westfassaden insbesondere für die süd-westliche und süd-östliche Sonneneinstrahlung eine natürliche Verschattung darstellen. Zusätzlich kann bei Bedarf die gesamte Fassade mit Vertikalmarkisen gegen Sonneneinstrahlung verschattet werden.

Das gestalterische Ziel einer ästhetischen, in vertikale Streifen gegliederten Fassade wurde so mit energetischen und ökologischen Anforderungen kombiniert und zu einem Gesamtkonzept vereint.