Bauhof

88699 Frickingen

Frickingen ist eine Gemeinde mit 3000 Einwohnern im Bodenseekreis. Aufgrund der positiven Erfahrungen mit den bereits realisierten Holzbauten (Mehrzweckhalle, Feuerwehrhaus und Rathaus) war es erklärtes Ziel der Gemeinde, ihre ambitionierte Holzbaukultur auch mit dem neuen Bauhof weiterzuentwickeln.

Der bisherige Bauhof musste für die Erweiterung eines benachbarten Industriebetriebs kurzfristig aufgegeben werden. Für den neuen Bauhof stand ein ungünstig geschnittenes Restgrundstück im Gewerbegebiet an der Ortseinfahrt aus Richtung Überlingen zur Verfügung. Die Zwänge des Grundstücks führten von der für Bauhöfe üblichen gereihten Anlage zu einer Hallenlösung. Die Platzierung im Süden des Grundstücks schafft die Freifläche für einen großzügigen Werkhof im Norden und definiert den wichtigen Ortseingang eindeutig. Die gereihten Schüttgutboxen gliedern den Werkhof in einen Fahr- und Rangierbereich im Westen und ein geschütztes Freilager östlich der Boxen, das von der Straße nicht direkt einsehbar ist. Nichtnutzbare Restflächen werden somit vermieden. Durch die Nutzung der südlich und westlich liegenden Erschließungsstraßen ist die geforderte Umfahrung möglich.

Die gesamte Holzkonstruktion inklusive Brettschichtholz wurde in Weißtanne ausgeführt. Das Holz wurde von der Gemeinde zur Verfügung gestellt und in einem kleinen örtlichen Holzbaubetrieb vorgefertigt. Durch den hohen Vorfertigungsgrad und den Einsatz der industriell vorgefertigten Akustik-Deckenelemente konnte der komplette Holzbau von drei Mann in lediglich neun Arbeitstagen aufgestellt werden. Auch ca. 400 m² der Außenfassade wurden als fassadenhohe Elemente aus 28 mm Stufenfalzschalung vorgefertigt und mit Hilfe eines Autokrans an einem Tag montiert. Möglich war dies durch die Anordnung von Schiebenuten an den Elementstößen. Dadurch werden die Fassadenelemente unter das bereits montierte Element geschoben und nur einseitig auf dem Fassadenpfosten abgeschraubt. Die Verschraubung wird vom darauffolgenden Element überdeckt und ist somit unsichtbar. Als baulicher Holzschutz ist die Holzfassade durch einen 50cm hohen Spritzwassersockel geschützt.

Im teilweise zweigeschossigen westlichen Holzkubus sind Werkstätten, Büro und Sozialräume untergebracht. Die breite, multifunktionale Durchfahrt entspricht einer zweispurigen Straße. Nachts stehen dort die Gemeindefahrzeuge, tagsüber wird die großzügige Fläche als Erweiterung der Werkstätten genutzt. Der östliche Teil dient als Stellfläche für Groß-/ Kleinmaschinen und Material. Ein fünf Meter breiter Bereich über dem Werkstatt- und Bürotrakt wird als Lagerfläche genutzt. Auch östlich der Durchfahrt sind über den Lagerflächen für Kleinmaschinen auf drei Metern Höhe Akustikelemente als Lagerebenen eingehängt. Die Lagerebenen können von der Durchfahrt aus bequem zum Be-/Entladen erreicht werden.

Die über die Akustik des Gebäudes im Gemeinderat geführte Diskussion führte zu dem Ergebnis, dass es sinnvoll ist, in einem verhältnismäßig lauten Werkstattbereich den Raumschallpegel durch den Einbau von schallabsorbierenden Deckenelementen möglichst stark zu senken, zumal der dafür notwendige geringe Mehraufwand im Budget untergebracht werden konnte. Somit wurde dem bei diesem Gebäudetypus, wie auch in Industrie- und Gewerbebauten, kaum beachteten Aspekt der Raumakustik Rechnung getragen, der den Nutzwert entscheidend verbessert und zudem die Gesundheit der Mitarbeiter schützt. Die gemessene Nachhallzeit im Büro- und Werkstatttrakt liegt zwischen 0,6 - 1,0 Sekunden und ermöglicht ein ungestörtes Nebeneinander unterschiedlicher Nutzungen.

Die mit Lichtbauplatten verkleidete Ostfassade, das zentrale Industrieoberlicht und die verglasten Tore sorgen für eine optimale Tageslichtausleuchtung. In Verbindung mit den oberhalb 1,25 m verglasten Wänden des Werkstatt- und Sozialtrakts sorgen sie für eine helle, angenehme Arbeitsatmosphäre und eine optimale Übersichtlichkeit durch alle Bereiche bis in den Werkhof. Das zentrale Industrieoberlicht wirkt als Thermosyphon, durch den die wärmste Luft abzieht. Der dadurch entstehende Unterdruck bewirkt, dass über Klappen an den beschatteten Seiten permanent die kühlste zur Verfügung stehende Außen Luft durch das Gebäude strömt.

Das gesamte Regenwasser versickert über im Randstreifen zwischen Gebäude und Straße integrierten Retentionsmulden.

Fazit: Trotz der qualitativ hochwertigen Ausführung konnte durch den hohen Vorfertigungsgrad und die Verwendung industriell vorgefertigter, hochleistungsfähiger Brettsperrholzelemente, die tragen, dämmen und absorbieren, in Verbindung mit den kurzen Montagezeiten das extrem niedere Budget eingehalten werden.

Adresse
Am Luckengraben
88699 Frickingen

Bundesland
Baden Württemberg

Bauherrin
Gemeinde Frickingen
Kirchstraße 7
88699 Frickingen
www.frickingen.de

Architekt
Manfred Fetscher
Freier Architekt BDB/BDA
Hauptstraße 27
88636 Illmensee
www.arch-fetscher.de

Tragwerksplaner
Bernauer und Pfoser
Jakob-Reutlinger-Straße 2
88662 Überlingen

Bauausführung (Holzbau)
Löhle Holzbau GmbH
Schulstraße 3
88699 Frickingen

Baujahr
2009 bis 2010

Auszeichnungen
Holzbaupreis Baden Württemberg 2012
Lignotrend Architekturwettbewerb 2012 - 1. Preis Kategorie Objektbau/kommunal

Ansprechpartner
Architekt Manfred Fetscher
Bürgermeister Böttinger

Fotografen
Manfred Fetscher, Ilmensee
Florian Kunzendorf, Ravensburg

Gebäudeart
Bauhof

Objektdaten
Bruttogeschossfläche gesamt 1.225m², unbeheizt 860m², beheizt 365m²; Bruttorauminhalt 5.670m³, Kosten 100€/m³ BRI, Energiebedarf 20 Megawatt/Jahr

Konstruktion
Die Lastabtragung des östlichen Hallenbereichs erfolgt über acht 42 cm dicke Weißtannenstämme aus dem örtlichen Wald, die im Quadratraster von 7,5 m in 90 cm tiefe, in die Stahlbetonplatte eingehängte Köcher eingespannt sind. Über die durchlaufenden, in Gabellagern auf den Tannenstämmen befestigten BSH-Pfetten (12/42 cm) aus Tannenholz wirken sie zusammen und übernehmen mit dem Werkstattkubus die horizontale Aussteifung des Bauwerks ohne zusätzliche Verbände.

Die Stahlbetonplatte verteilt die geringen Lasten der leichten, setzungsunempfindlichen Holzkonstruktion gleichmäßig auf den nicht sehr tragfähigen Untergrund. Eine teure, 6 Meter tiefe Gründung konnte dadurch vermieden werden. Die Dachfläche bilden über 7,5 Meter frei gespannte und beidseitig 2,5 Meter auskragende Trapezbleche, die, um Tropfwasser zu verhindern, unterseitig mit einer sehr wirkungsvollen Antikondensatbeschichtung versehen sind. Sie überdecken als Kaltdach auch den beheizten Kubus des Werkstatt- und Sozialtrakts.

Energiekonzept
Auf dem Trapez-Blechdach wurde eine Bürger-PV-Anlage mit 30 KW/pic installiert. Der Werkstatt- und Sozialtrakt wird über eine Betonkernaktivierung beheizt, die wie alle öffentlichen Gebäude in Frickingen sowie zwei Wohnsiedlungen von der Waldhackschnitzelzentrale versorgt werden.