Nachhaltiges Planen, Bauen und Betreiben

von Thomas Lützkendorf

 

Im Baubereich hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren ein weitgehend einheitliches und allgemein akzeptiertes Nachhal­tigkeitsverständnis herausgebildet. Danach leitet sich die Bedeu­tung der Planung, Errichtung und Bewirtschaftung von Gebäuden sowie der Weiterentwicklung des Gebäudebestands für eine nachhaltige Entwicklung aus folgenden Überlegungen ab:

Die gebaute Umwelt ist Lebensraum, Arbeitsumgebung sowie Produktivkraft und bindet Kapital. Städtebauliche Strukturen und Bauwerke haben wesentlichen Einfluss auf die Qualität des Zu­sammenlebens sowie die Gesundheit, Sicherheit, Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit der Menschen. Gebäude und Siedlungs­strukturen repräsentieren zudem einen kulturellen Wert. Die mit ihrer Herstellung, Errichtung und Bewirtschaftung verbundenen Energie- und Stoffströme nehmen natürliche Ressourcen in An­spruch und zeigen Wirkung auf die globale und lokale Umwelt. Gleichzeitig haben die Lebenszykluskosten sowie weitere Zah­lungsflüsse und der ökonomische Wert von Gebäuden betriebs- und volkswirtschaftliche Konsequenzen. Auch aus Sicht der Nach­haltigkeit ist der Erhalt von Kapital ein Ziel. Die Baubranche trägt daneben zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen bei.

Vor diesem Hintergrund werden Gebäude besonders dann als nachhaltig bezeichnet, wenn sie die Erfüllung heutiger und künfti­ger Anforderungen der Nutzer an die funktionale und technische Lösung mit einer hohen gestalterischen und städtebaulichen Qua­lität verbinden und dabei sowohl wirtschaftlich und wertstabil als auch umwelt- und gesundheitsverträglich sind. In die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit fließen die Positionen, Sichtweisen und In­teressen der beteiligten Akteure ein. Damit ergibt sich ein anzu­strebendes Gleichgewicht aus der technischen und funktionalen sowie der ökonomischen, ökologischen und sozialen Qualität des zu realisierenden oder zu betreibenden Objekts.

Eine Voraussetzung für die Verbesserung von baulichen Lösungen betrifft die Güte der Prozesse der Planung, Errich­tung und Bewirtschaftung. Diese beginnt bereits mit der Formulierung der Aufgabenstellung, der Auslobung eines Wettbewerbs und der Zusammenstellung des Planungsteams. Merkmale eines nachhaltigen Gebäudes können damit auch mit Begriffen wie dauerhaft, zukunftsverträglich, zukunftsfähig oder zukunftssicher umschrieben werden. An die Traditionen des öko­logischen beziehungsweise umwelt- und gesundheitsverträg­lichen Bauens wird ebenso angeknüpft wie an kosten- und flä­chensparendes Bauen.

Den Ausgangspunkt des nachhaltigen Planen und Bauens liefern zumeist Anforderungen an die funktionale Qualität. Diese lassen sich zur Schaffung einer Basis für Variantenvergleiche zu einem funktionalen Äquivalent zusammenfassen. Ihre Erfüllung ist die Grundlage für die Erarbeitung gestalterischer und technischer Lö­sungen, deren soziale, ökonomische und ökologische Zulässigkeit oder Vorteilhaftigkeit letztlich dem Bauherren nachzuweisen ist.

Nachhaltiges Planen, Bauen und Betreiben ist nicht eine weite­re Strömung unter vielen. Vielmehr werden die bisherigen Ziele und Ansätze im Bereich von Teilthemen in einem sinnvollen Ge­samtkonzept gebündelt. Aktuelle Entwicklungen wie Gebäude mit ausgeglichener beziehungsweise positiver Energie- und / oder CO2-Bilanz beziehungsweise die Forderung nach einem klimaneu­tralen Gebäudebestand ordnen sich in dieses Gesamtkonzept als Teilthemen ein, müssen aber ebenso nachweisen, ob und wie sie insgesamt zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen.

Gleichberechtigung der Nachhaltigkeitsdimensionen

Der Baubereich orientiert sich an den aus der Brundtland-Kom­mission hervorgegangenen Definitionen der Begriffe "Nachhal­tigkeit" und "nachhaltige Entwicklung". Ihre Übersetzung und Anpassung im Bereich des von der Politik als für die nachhaltige Entwicklung ganz wesentlich anerkannten Bedürfnisfelds "Bauen und Wohnen" erfolgte frühzeitig. Erkennbar ist die Orientierung an den drei Dimensionen der Nach­haltigkeit. Dabei werden Anforderungen und Ziele des sich an den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung orientierenden Planens und Bauens sowie Betreibens und Nutzens jeweils der ökologi­schen, ökonomischen oder sozialen Dimension zugeordnet. Fest­gelegt wurde, dass diesen Dimensionen gleichermaßen Rechnung zu tragen ist.

Konsequenzen für Standortanalyse und Bauleitplanung

Von Anfang an wurde aber auch deutlich, dass nachhaltiges Pla­nen und Bauen über die Auseinandersetzung mit dem einzelnen Bauwerk hinausgeht und Fragen der Gestaltung des Umfelds und des Einflusses auf Siedlungsstrukturen einbezieht. In die 2002 formulierte Strategie zur nachhaltigen Entwicklung in Deutschland flossen deshalb auf direktem Wege Anforderungen an die Nach­haltigkeit der Siedlungsentwicklung ein.

Der Holzbau kann und soll, wie übrige Bauformen und Bauweisen, die sich für innerstädtische Lösungen eignen, einen Beitrag zur Verringerung einer täglichen Zunahme der Siedlungs- und Ver­kehrsfläche leisten. Durch das Prinzip einer "Innenentwicklung vor Außenentwicklung" soll das Erreichen nationaler Ziele im Bereich der Reduzierung der Flächeninanspruchnahme unterstützt werden. Die städtebaulichen und gestalterischen Qua­litäten sind dabei ebenso von Interesse wie die Einflussnahme auf das Wohnumfeld. Durch die Wahl des Energieträgers und des Heizungssystems kann Einfluss auf die lokale Immissionssituation genommen werden.

Ein Gebäude muss mit seinen technischen Eigenschaften auf die konkrete Standortsituation und die anzutreffenden Umweltmerk­male reagieren. Im Sinne der Dauerhaftigkeit der Konstruktion sollen dabei auch die künftigen Folgen eines bereits eintretenden Klimawandels beachtet werden. Insofern stellen sich neue Anfor­derungen an die Standortanalyse, die neben traditionellen Themen nun auch zum Beispiel die Besonnungssituation und langfristige Folgen des Klimawandels am Standort berücksichtigen muss. Für die Planung von Holzbauten ist es wie für andere Bauformen und Bauweisen auch von Interesse, ob und wie auf sich verändernde Bedingungen im Bereich der Beanspruchung durch Regen oder Schneelasten zu reagieren ist und ob das Risiko von Hochwasser am Standort in der Tendenz zunimmt.

Anforderungen, die sich aus den Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung an das Planen und Bauen ergeben sowie Hinweise auf die Themen der verantwortungsvollen Bodennutzung, des Kli­maschutzes und der Anpassung an den Klimawandel sind bereits Bestandteil der Bauleitplanung. Das Baugesetzbuch enthält hier­für spezielle Passagen.

Bewertbarkeit der Nachhaltigkeit

Aufbauend auf einem weitgehend anerkannten gemeinsamen Nachhaltigkeitsverständnis steht die Baubranche vor der Aufgabe, Nachhaltigkeitsaspekte sowohl in die Planung und in die Investiti­onsentscheidungen zu integrieren sowie sich über Art und Umfang der Beschreibung und Bewertung der Nachhaltigkeit von Einzel­bauwerken zu verständigen. Betrachtungsgegenstand ist jeweils das Gebäude mit Grundstück, entsprechend der Verantwortung und Einflussnahmemöglichkeiten der Bauherren beziehungsweise der Eigentümer. In die Planung fließen die Konsequenzen getroffe­ner Entscheidungen im vollständigen Lebenszyklus ein.

Die Erarbeitung einer Verständigungsgrundlage und die hand­habbare Ausgestaltung der Beschreibung und Bewertung der Nachhaltigkeit von Einzelbauwerken ist auch eine Aufgabe der Normung. Im Ergebnis liegen auf internationaler als auch auf euro­päischer Ebene bereits eine Reihe von Normen vor, die teilweise bereits vom DIN (Deutsches Institut für Normung) übernommen wurden. Weitere Normen befinden sich noch in der Entwicklung.

Wesentliche Grundlagen zur Beschreibung und Beurteilung der Nachhaltigkeit von Bauwerken liefert die ISO 15392:2008 "Sus­tainability in building construction - General principles". Hierin werden wesentliche Begriffe vorgestellt und erläutert, der Um­gang mit den drei Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologie, Ökono­mie und soziale Aspekte dargestellt sowie Prinzipien formuliert. Unter anderem auf dieser Grundlage wurde ein Mindestumfang von Indikatoren zur Beschreibung und Beurteilung der Nachhaltig­keit von Einzelbauwerken erarbeitet und in der ISO 21929-1:2011 "Sustainability in building construction - Sustainability indicators - Part 1: Framework for the development of indicators and a core set of indicators for buildings" zusammengefasst. Dieser Mindest­umfang von Indikatoren stellt eine Empfehlung für die bei einer Nachhaltigkeitsbewertung zu behandelnden Teilaspekte dar. Die Indikatoren behandeln die Konsequenzen der Standortwahl, der Gestaltung des Grundstücks sowie der Planung des Gebäudes für die Nachhaltigkeitsbewertung. Es wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass ausgewählte Merkmale und Eigenschaften von Gebäuden sich auf mehr als eine Nachhaltigkeitsdimension aus­wirken können.

Eine Übersicht zum Mindestumfang an Indikatoren ist auf der nächsten Seite dargestellt. Diese Indikatoren sind unabhängig von Bauform und Bauweise auf alle Gebäude anzuwenden. Es besteht die Möglichkeit, Stärken aufzuzeigen und die Lösung kritischer Punkte nachzuweisen. Die Holzbauweise kann so unter anderem demonstrieren, dass sich bei ihrer Anwendung der Aufwand an nicht erneuerbarer Primärenergie sowie der Verbrauch an nicht energetischen, nicht erneuerbaren Rohstoffen verringern lässt. Sowohl in der Planung als auch bei der Beschreibung und Bewer­tung der Nachhaltigkeit von Bauwerken ist jeweils der vollständige Lebenszyklus zu berücksichtigen. Von besonderer Bedeutung ist daher die internationale Normenreihe der ISO 15686, die in ihren einzel­nen Teilen Elemente für die Lebenszyklusanalyse liefert. Aufbauend auf diesen internationalen Grundlagen führten Aktivitäten beim Europäischen Komitee für Normung zur Entwick­lung von Normen, die in besonderer Weise auf die Gegebenheiten und Gesetzeslage in Europa eingehen: Die Basis bildet hier die EN 15643-1:2010, die unter dem Titel "Nachhaltigkeit von Bauwerken - Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden - Teil 1: Allgemeine Rahmenbedin­gungen" auch als DIN-Norm verfügbar ist. Sie bildet die Grundlage für die Einordnung der Nachhaltigkeitsthematik in die Planung so­wie für die Durchführung und Ergebnisdarstellung einer Nachhal­tigkeitsbewertung.

Gemäß DIN EN 15643-1, die auch für den ur­banen Holzbau angewendet werden kann, ist der Ausgangspunkt sowohl für die Planung als auch für die Nachhaltigkeitsbewertung die Formulierung von technischen und funktionalen Anforderun­gen an das Bauwerk. Sie resultieren aus den als vorausgesetzt zu be­trachtenden Merkmalen und Eigenschaften, die zur Erfüllung von Gesetzen und Normen erforderlich sind sowie aus den Merkma­len und Eigenschaften, die mit dem Bauherrn vereinbart werden. Erstmalig bringt die Norm zum Ausdruck, dass über die techni­schen und funktionalen Anforderungen hinaus auch Anforderun­gen an ökonomisch, ökologisch oder sozial orientierte Merkmale und Eigenschaften möglich sind.

Je nach Planungsaufgabe werden Lösungen für Neubau- oder Modernisierungsaufgaben entwickelt oder bestehende Bauten hinsichtlich ihrer prinzipiellen Eignung für eine Weiter- oder Umnutzung, einen Umbau oder eine Modernisierung über­prüft. Die jeweils technische Lösung ist zu beschreiben. Ferner sind Art und Umfang der Erfüllung funktionaler Anforderungen zu überprüfen. Eine oder mehrere Varianten bilden anschließend die Grundlage für eine Nachhaltigkeitsbewertung. Unter Nutzung von Bewertungskriterien mit Bewertungsmaßstäben sind die ökono­mische, ökologische und soziale Qualität zu beurteilen.

Die konkreten Bewertungskriterien, Indikatoren sowie Regeln für die Berechnung werden in weiteren Normen von CEN behandelt, die allmählich vom DIN übernommen werden. Zumeist orientiert sich die eigentliche Nachhaltigkeitsbewertung an national oder auch international verfügbaren Nachhaltigkeitsbewertungs- und Zertifizierungssystemen. Die Anwendung derartiger Systeme dient unterschiedlichen Zwecken und kann die Zielvereinbarung mit dem Bauherrn, die Qualitätssicherung von Planung und Aus­führung sowie die Darstellung der Objekt- und Prozessqualität gegenüber Dritten unterstützen. EN 15643-1 konzentriert sich auf den letzten Aspekt. Gegenüber Dritten ist danach im Minimum die Beschreibung des "funktionalen Äquivalents" darzustellen.

Für den Holzbau bedeutet dies bei Nutzung dieser Systematik zum Beispiel ausgewählte Vorteile im Bereich der Umweltqualität auf­zeigen und die Einhaltung aller technischen Anforderungen nach­weisen zu können.

Weiterentwicklung der Bauproduktenverordnung

Neben der Erarbeitung von Normen und Nachhaltigkeitsbewer­tungssystemen fließen Anforderungen an die Nachhaltigkeit im­plizit und explizit in Gesetze ein. Ein Beispiel hierfür ist die Bau­produktenverordnung, die in konsequenter Weiterentwicklung der Bauproduktenrichtlinie auf Ebene der Europäischen Union ent­stand. In ihr werden unter anderem Anforderungen an Bauwerke formuliert. Auch hier wird deutlich, dass sich die Anforderungen jeweils auf den vollständigen Lebenszyklus der Immobilie bezie­hen.

Weiterentwicklung von Indikatoren

Gebäude und bauliche Anlagen werden bei der Beurteilung ihres Beitrags zu einer nachhaltigen Entwicklung einheitlichen Anforde­rungen und Bewertungskriterien unterzogen. Nicht die Auswahl der Bewertungskriterien, sondern das Aufzeigen von überdurch­schnittlichen Parametern bei gleichzeitiger Erfüllung aller übrigen (Mindest-) Anforderungen ist geeignet, Vorteile einzelner Lösungs­varianten zu diskutieren. Dabei steht das Bauwerk als komplexe Lösung für die Erfüllung von Nutzeranforderungen bei gleichzei­tiger Beachtung von Anforderungen an eine technische, ökono­mische, ökologische, soziale, gestalterische und städtebauliche Qualität im Vordergrund. Ausgewählte Bauweisen und Hauptbau­stoffe leisten hierzu ihren Beitrag, sind jedoch nicht der eigentliche Betrachtungs- und Bewertungsgegenstand. Ohnehin setzen sich Bauwerke, die sich über ihre Bauweise auf einen Hauptbaustoff konzentrieren, dennoch aus einer Vielzahl von Bauprodukten zu­sammen.

Ein Schutzgut sind die Ressourcen in Form natürlicher Rohstoffe. Sie werden in biotische und abiotische Rohstoffe unterteilt. Eine Strategie zum Erreichen entsprechender Schutzziele ist die Verringerung der Inanspruchnahme und Verknappung nicht erneu­erbarer Rohstoffe, zum Beispiel durch eine längere Nutzungsdauer, die Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit von Konstruktionen bei gleichzeitigem Ausbau der Nutzung von Sekundärrohstoffen so­wie die verstärkte Nutzung erneuerbarer Rohstoffe.

Produkte aus Holz benötigen für ihre Herstellung zumeist nur wenig Energie und können so zu günsti­gen Werten bei diesem Indikator führen. Zu Missverständnissen und Fehlinterpretationen führte jedoch die Tatsache, dass eine Einbeziehung ihres Heizwerts (stoffliche Nutzung) in die Berechnung und Bewertung entsprechende Werte auch erhöhen konnte. Im Minimum muss daher stets zwi­schen den erneuerbaren und nicht erneuerbaren Anteilen des Primärenergieaufwandes unterschieden werden.

Die Situation im Bereich der Bewertbarkeit der Verknappung von Ressourcen, die - wie mineralische Rohstoffe oder Erze - nicht den Energieträgern zuzuordnen sind, war lange Zeit unbefriedigend. Inzwischen ist es möglich, den Beitrag von Holz zur Schonung von nicht erneuerbaren und nicht energetischen Ressourcen aufzuzeigen. Zum Nachweis der Herkunft des Holzes aus nachhaltigen Quellen wurde bereits ein entsprechender Indikator in die Nachhaltigkeitsbewertung einge­führt. Er ist ein "Platzhalter" für die übergreifende Thematik des Schutzes und der Erhaltung der Biodiversität. Nach Überwindung von bewertungsmethodischen Problemen bestehen nun erwei­terte Möglichkeiten, die ökologischen Vorteile einer Nutzung von Holz darzustellen und zu quantifizieren.

Nachweis der Zukunftsfähigkeit

Um die Inhalte der Nachhaltigkeit besser zu kommunizieren, wird das Konzept in Teilthemen untersetzt. Im Rahmen der Zukunftsfä­higkeit stellt sich die Frage, inwieweit das Gebäude in der Lage ist, heutige wie künftige Nutzeranforderungen zu erfüllen. Auf die­se Markt- und Umweltänderungsrisiken reagierend sollen Gebäu­de langlebig, flexibel und anpassbar sein, soweit dies für die jewei­lige Gebäude- und Nutzungsart sinnvoll ist. Sie müssen darüber hinaus wirtschaftlich und wertstabil (im Sinne der ökonomischen Dimension der Nachhaltigkeit), umwelt- und gesundheitsverträg­lich sowie ressourcenschonend und recyclingfreundlich (im Sinne der ökologischen Dimension der Nachhaltigkeit) sein und einen Beitrag zur Sicherheit und Gesundheit der Bewohner und Anwoh­ner sowie zur gestalterischen und städtebaulichen Qualität leisten (soziokulturelle Dimension der Nachhaltigkeit). Derartige Aspekte werden teilweise unter dem Begriff der "Zukunftsverträglichkeit" zusammengefasst.

Die in den obigen Abschnitten diskutierte Vielschich­tigkeit von Nachhaltigkeitsaspekten mit ihren Wechselwirkungen ist zunächst in der Aufgabenstellung, Grundlagenermittlung und im Entwurf zu bewältigen und soll zur integralen Planung mit aus­führlichen Variantenvergleichen führen. Bereits Festlegungen zum Wärmeschutz haben sofort Auswirkungen auf die Bau- und Nut­zungskosten und die Wertstabilität (Ökonomie), die thermische Behaglichkeit (soziale Aspekte), die Nutzbarkeit (Funktionalität) sowie die Ressourceninanspruchnahme und die Wirkungen auf die globale und lokale Umwelt (Ökologie). Zu betrachten ist jeweils der komplette Lebenszyklus von der Herstellung der Bauprodukte bis zum Rückbau und der Entsorgung.

Zur Lösung der Aufgabe stehen unterschiedliche Strategien zur Verfügung. Über die Suffizienz wird zunächst die Berechtigung von Art und Umfang eines Baubedarfs hinterfragt. Über die Effi­zienz sollen eine funktionale und soziale Qualität mit einem Mini­mum an finanziellem Einsatz, an Ressourceninanspruchnahme, an unerwünschten Wirkungen auf die Umwelt sowie an Risiken für Umwelt, Gesundheit und Kapitalerhalt realisiert werden. Über die Konsistenz soll sich dies in die natürlichen Kreisläufe einordnen. Für den Holzbau bedeutet dies im Nachweis der Zukunftsfähig­keit nicht nur die Nutzung nachwachsender Rohstoffe zu betonen, sondern die Gebäude auch rückbaufreundlich und recyclingge­recht bei gleichzeitiger Gewährleistung der Sicherung ihrer Dau­erhaftigkeit mit umwelt- und gesundheitsverträglichen Mitteln zu realisieren. Die Schaffung flexibler und anpassbarer Strukturen mit hoher gestalterischer Qualität ist für den Holzbau gerade im urba­nen Kontext eine leicht zu erfüllende Anforderung.

Als Checkliste in der Planung und Systematik für das Kommunizie­ren der Zukunftsfähigkeit von Gebäuden stehen Bewertungs- und Zertifizierungssysteme für den Nachweis eines überdurchschnitt­lichen Beitrags eines Einzelbauwerks zu einer nachhaltigen Ent­wicklung zur Verfügung. In Deutschland existieren die Ansätze des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen (BNB) des Bundesmi­nisteriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, des Deutschen Gütesiegels Nachhaltiges Bauen der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) sowie des Bewertungssystems Nachhaltiger Wohnungsbau (NaWo) der Wohnungswirtschaft. Allen Ansätzen ist gemeinsam, dass sie auf überwiegend quanti­tativen Bewertungskriterien basieren und Ergebnisse der Ökobi­lanzierung und Lebenszykluskostenrechnung voraussetzen.

Für den Holzbau bietet sich die Möglichkeit, seine Stärken und Vorteile sowie die Erfüllung übriger Anforderungen zu quantifizie­ren, zu objektivieren und zu kommunizieren. Eine intensive Ausei­nandersetzung mit der Thematik Nachhaltigkeit auch unabhängig von einer unmittelbaren Nachhaltigkeitszertifizierung wird empfoh­len. Diese Auseinandersetzung geht allmählich in eine Betrach­tung der "Gesamtqualität" über, die geplant, hergestellt, aufrecht­erhalten und kontinuierlich zu verbessern ist.

Der Autor:

Thomas Lützkendorf Prof. Dr. habil., Inhaber des Lehrstuhls für Ökonomie und Ökologie des Wohnungsbaus am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), geb. 1957, 2000 Habilitation zum Thema Nachhaltigkeit in der Bau- und Immobilienwirtschaft, Obmann beim Deutschen Institut für Normung (DIN), Berater des BMVBS (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung) zu Fragen des Nachhaltigen Bauens, Mitwirkung an der internationalen und europäischen Normung sowie an der Entwicklung von Nachhaltigkeitsbewertungssystemen.