Mit seinen 30 bis 40 Jahre alten Bauten bot das Klaraviertel im Zentrum von Stockholm einen anonymen und unansehnlichen Anblick. Im Zuge der Umstrukturierung und Modernisierung des ganzen Viertels wurde ein ehemaliges Postbankgebäude aus den Sechzigerjahren, das ein ganzes Quartier einnimmt, unter Beibehaltung der Kubatur mit mehreren Lichthöfen und neuen Fassaden aufgewertet. Die Architekten von Equator Stockholm AB versuchten die ehemals senkrechte Struktur der Nutzung von Stadtgebäuden in Form einer vertikalen Anordnung von Verkaufs-, Büro- und Wohnnutzung wieder entstehen zu lassen. Deshalb ließen sie auf dem Flachdach weltweit erstmalig eine komplette Wohnsiedlung inklusive Gassen und Straßenbeleuchtung bauen und schufen damit eine dörfliche Struktur in hochverdichteter Innenstadtlage.
Obwohl die Tragstruktur des Bestandsgebäudes optimale Voraussetzungen für die Lastabtragung der neuen Wohngebäude bot, ließ sich das ungewöhnliche Vorhaben nur unter Ausnutzung des niedrigen Gewichts von Bauteilen aus Holz realisieren. Die Holzrahmenbauweise reduzierte zusätzlich dank hoher Vorfertigung den Aufwand auf der schwer zugänglichen Baustelle. Die Aufstockung erforderte viele Sonderlösungen mit komplexen Details, die nach Auskunft der Architekten nur mit Hilfe der Holzbauweise ökonomisch zu bewältigen waren. Die Zugänge zum Dachviertel sind unabhängig von der unteren gewerblichen Nutzung angeordnet. Die neue Siedlung umfasst 100 Eigentumswohnungen, 60 davon befinden sich unmittelbar auf dem Dach. Die ein- und zweigeschossigen Häuser wurden aus brandschutztechnischen Gründen mit einem keramischen Fassadensystem bekleidet. Doppelte Fluchtwege von jeder Wohnung nach außen auf das Dach ermöglichen das Anleitern der Feuerwehr. Die Wohnungen werden nicht gesprinklert.
Das neu geschaffene Wohnviertel erfreut sich großer Beliebtheit, ganz besonders wegen der zentralen Wohnlage, die nicht durch Verkehrslärm beeinträchtigt ist, und des gleichzeitig grandiosen Fernblicks über die Stadt. Die Wiederentdeckung von Blickbezügen aus den Gassen heraus zu bekannten Kirchtürmen oder Hochhäusern veranlasste Schwedens Planer bereits, von einer neuen, horizontalen Dimension der Stadtentwicklung zu sprechen.
Adresse
Drottninggatan 53
Stockholm 11121
Schweden
Bauherr
Fastighets AB Certus, Stockholm
Architekten
Equator Stockholm AB, Stockholm
www.equator-europe.com
Tragwerksplaner
ELU Konsult AB, Danderyd
www.elu.se
Baujahr
2000 bis 2003
Fotograf
Max Plunger
Objektdaten
Bruttogeschossfläche: 6.500 m²