Das Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) und das Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) der Universität Stuttgart entwickeln für die Bundesgartenschau Heilbronn 2019 zwei hoch innovative und biologisch inspirierte Pavillonbauten. Die weltweit einzigartigen, weitspannenden Leichtbaukonstruktionen werden komplett digital geplant und gefertigt.
Bionischer Faserpavillon
Im Vergleich zu technischen Systemen weisen biologische Strukturen in der Regel einen wesentlich höheren Grad an Leistungsfähigkeit und Materialeffizienz auf. Die Übertragung von Leichtbauprinzipien wie der lastgerechten Ausdifferenzierung von Material und Strukturen ermöglicht es in Verbindung mit digitalen Planungs-, Simulations- und Fertigungsverfahren neue Konstruktionsformen für die Architektur zu entwickeln. Die Tragstruktur des Faserpavillons besteht ausschließlich aus Faserverbundkomponenten, deren individuelle Strukturen aus Glasfasern und Kohlestofffasern in einem robotischen Fertigungsprozess hergestellt werden. Dies ermöglicht es, die Geometrie und Faseranordnung jedes einzelnen der 60 Bauteile spezifisch den jeweiligen Anforderungen anzupassen. Dabei entstehen zugleich eine ausgesprochen leistungsfähige Leichtbauweise und eine einzigartige, architektonische Wirkung.
Bionischer Holzpavillon
Plattenstrukturen sind eine besonders interessante Art der Konstruktion in der Natur. Biologische Vorbilder zeichnen sich durch Segmente mit spezifischen Funktionen und differenzierten Formen aus. Aus diesem Grund wird der Entwurf, die Konstruktion und Fertigung von segmentierten Schalentragwerken auf Grundlage bionischer Prinzipien von beiden Instituten seit vielen Jahren erforscht. Sowohl die Form eines jeden Segments als auch die Ausführung einer leistungsfähigen Verbindung sind dabei von besonderer Bedeutung. Das Prinzip der morphologischen Anpassung kann durch einen digitalen Entwurfs- und Simulationsprozess gekoppelt und mit einer robotischen Produktion umgesetzt werden. Die Segmente des Holzpavillons auf der Bundesgartenschau werden erstmals als hohle Kassetten ausgeführt, die in einem robotischen Vorfertigungsprozess aus Platten und Balken assembliert werden. Der Holzpavillon wird aus 400 solcher Kassetten bestehen und einen Veranstaltungsraum 25 Meter weit überspannen.
Baden-Württemberg ist seit Jahrzehnten ein wichtiges Zentrum für Leichtbau, Bionik und die Entwicklung digitaler Technologien in der Architektur. Die Pavillonbauten verkörpern die landestypische Innovationsstärke und geben ihr eine ausdrucksstarke architektonische Form. Als größter Fördermittelgeber nimmt das Land Baden-Württemberg auch einen prominenten Platz auf der Bundesgartenschau ein.