Multihalle Mannheim – eine schlafende Schönheit

Buchempfehlung zur Geschichte des Bauwerks

Ursprünglich war die Multihalle 1975 als temporäres Bauwerk für die ein halbes Jahr dauernde Bundesgartenschau in Mannheim gedacht. Überdauert hat sie nun schon Jahrzehnte. Carlfried Mutschler und Frei Otto entwickelten eine organische Hallenform aus einer zweifach gekrümmten Holzgitterschale, mit der sie 10.500 Quadratmeter mit einer maximalen Spannweite von 60 Metern überwölbten – in einer Bauweise, deren statische Berechnung wissenschaftlich noch nicht erforscht war.

1998 wurde die Multihalle als „Meisterwerk der Ingenieurbaukunst“ unter Denkmalschutz gestellt. Zur damaligen Zeit stellte ihre Konstruktionsweise eine spektakuläre statische und architektonische Entwicklung dar und war Ausdruck der Suche nach neuen Formensprachen in der Architektur und Ingenieurbaukunst.

Mittlerweile ist das Dach undicht, die Holzkonstruktion durch Feuchtigkeit angegriffen und das statische Trägersystem teilweise verformt. Die Multihalle muss saniert werden, obgleich es für die Experten, die sich in den letzten Jahren mit ihrem baulichen Zustand beschäftigt haben, erstaunlich ist, wie gut sie trotz mangelnder Pflege dem Zahn der Zeit widerstanden hat.

Um die Sanierung wird in Mannheim bereits seit einigen Jahren gerungen. Der 2016 durch den Gemeinderat beschlossene Abriss wurde wieder aufgehoben zugunsten einer international angelegten Spendenkampagne mit dem Ziel, die Multihalle bis zur Bundesgartenschau 2023 in Mannheim zu retten. In diesem Zusammenhang war auch die Ausstellung „Sleeping Beauty – Reinventing Frei Otto’s Multihalle“ des Südwestdeutschen Archivs für Architektur und Ingenieurbau aus Karlsruhe zu sehen. Sie stellte das legendäre Bauwerk und die Idee ihrer Zukunft bis zum 29. Juli 2018 auf der Internationalen Architektur-Biennale in Venedig der internationalen Szene vor.

Hinzuweisen gilt es auch auf das ungewöhnliche Buch „Frei Otto Carlfried Mutschler Multihalle“ von Georg Vrachliotis, Professor für Architekturtheorie an der Architekturfakultät am Karlsruher Institut für Technologie. Anhand überwiegend unveröffentlichter Archivmaterialien stellt er erstmals die experimentelle Entstehungsgeschichte des Bauwerks vor. Mit ihren offenen Raumqualitäten und ihrer Einbettung in die urbane Topographie von Stadt und Landschaft verkörpert die Multihalle einen offenen Raum für die „offene Gesellschaft“. Der Autor ist überzeugt, dass die Multihalle dieses Konzept wie kein zweites Gebäude des 20. Jahrhunderts verkörpert.

Frei Otto Carlfried Mutschler Multihalle
Georg Vrachliotis
Spector Books 2017
255 Seiten
36,00 Euro
ISBN 978-3959051927