Gold für die Berner Bären

Preisverleihung Prix Lignum 2012

Der Prix Lignum zeichnet den besonders hochwertigenund zukunftsweisenden Einsatz von Holz in Bauwerken, im Innenausbau, bei Möbeln und beikünstlerischen Arbeiten aus und wurde am 26. September vergeben. Gold geht an das Bären-Waldhaus in Bern, Silber an das Wohn- und Gewerbehaus Badenerstrasse in Zürich und Bronze an das Grand Resort Bad Ragaz.

Mit dem BärenWaldhaus des Tierparks Dählhölzli in Bern wurde von Architekt Patrick Thurston ein Haus geschaffen, das weit mehr als ein Dach über dem Kopf bietet. Stein und Holz bilden Räume, die ihre Besucherauf die urtümliche Kraft der Bären hinter der Glasscheibe einstimmen. Seinen archaischen Charakter bezieht der Bau aus einer überraschenden Konstruktion: Dicke Trockenmauern aus Naturstein und Wände aus massiven Holzblöcken tragen ein hohes Holzdach in Strickbau. Durchlaufende Holzbinder in beiden Richtungen stabilisieren dieWände und bilden ein schönes, konstruktiv begründetes Ornament auf der Oberfläche. Jenseits bauphysikalischer Normen bieten die Räume eine Behaglichkeit, die sich mit allenSinnen erfahren lässt: Die dicken Wände schützen vor Wind und Kälte, das naturbelasseneHolz verströmt einen angenehmen Geruch. Das Zusammenspiel der beiden Materialien ist aber auch technisch wegweisend: Es zeigt Wege der Holzverwendung jenseits der Konventionenauf: Roh statt veredelt, massiv statt stabförmig, stehend statt liegend belastet.

Silber erhielt das Wohn- und Gewerbehaus an der Badenerstrasse in Zürich, welches eine der ersten sechsgeschossigen Wohnbauten aus Holz in der Schweiz ist und mitten in der Stadt steht. Dass es sich um einen Holzbau handelt, sieht man dem Gebäude nicht an - der Brandschutz verlangt, die Holzkonstruktion feuerfest einzupacken. Doch erreichten die Architekten mit der Fassadenverkleidung aus Glasfaserzement mehr als das: eine selbstverständliche Integration in der städtischen Umgebung mit ihren vorwiegend mineralischen Fassaden. Technische Erfindungen machen das Haus zu einem ökologischen Pionierbau. Das Sockelgeschoss in Ortbeton dient statisch als Abfangtisch für den sechsgeschossigen Holzbau. Die Decken sind aus Lignaturelementen mit überdurchschnittlichen Schalldämmwerten. Für die Wände wurden Holzbohlen aus Zürcher Wäldern direkt auf der Baustelle aneinandergefügt. Die Architekten entwickelten durchgehende Wohnungen mit faszinierenden räumlichen Qualitäten und teilten die 54 Einheiten auf sechs Gebäudeteile auf.

Mit Bronze gewürdigt wurde das Grand Resort Bad Ragaz im Kanton St. Gallen. Inmitten einer gepflegten Parklandschaft stellt der Neubau der Tamina-Therme mit seiner inszenierten Monumentalität einen eigenständigen Beitrag dar. Der Bau präsentiert sich als formalopulenter, reiner Holzbau. Im Innern überzeugt er mit einer lichtdurchfluteten, strahlendweissen Raumstruktur von illusionistischer Kraft. Vertikal gestellte, ovale Fenster geben surreal anmutende Ausblicke frei auf die Mammutbäumeim Park. Konstruktiv entschlüsselt sich die Struktur erst auf den zweiten Blick. Geschickt verblendet ein ungerichtetes Raumgitter aus Stützen und Unterzügen das im Dachraum verborgene horizontale Tragsystem. Der konstruktive Holzbau erscheint folgerichtigund die Verwendung von sichtbaren Holzoberflächen überaus schlüssig. Mit Holz lassen sich derart dimensionierte Stützen, Deckenroste und Fassadenelemente ökonomischvorfabrizieren und transportieren. Raffiniert erfolgt die Horizontalaussteifung nur mittels der eigenwilligen Formgebung der Stützen. Die gesamte Konstruktion über Wasser bauten die Verfasser in Holz, das Material zieht sich sogar bis in die Gestaltung der Leuchten. Weiss gestrichen, evoziert das Holz Vorbilder wie Piers oder Strandkabinen und vermag den Gast in eine Stimmung von Erholung und Urlaub zu versetzen.

Von der Brücke bis zum Stuhl waren für den Prix Lignum 2012 alle Arten von Objekten zugelassen- einzige Bedingung: Das Werk musste zwischen 1.1.2007 und 31.3.2012 realisiertworden sein und seinen Standort in der Schweiz haben. 342 Projekte wurden schweizweiteingereicht.

Mit Gold ausgezeichnet: Das Bärenwaldhaus in Bern
Foto: Ralph Hut, Zürich/Prix Lignum 2012