EKG für Bauwerke

Neue optische Messmethode zum Bauteilverhalten unter Belastung in der Praxis

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt haben die HTWK Leipzig, die Materialprüfanstalt Leipzig (MFPA Leipzig) und die Gesellschaft für Geomechanik und Baumesstechnik (GGB mbH) ein Messsystem für Bauteiloberflächen entwickelt, das das Verhalten der Bauteile unter Belastung – z. B. unter Schnee auf Hallendächern – messen, in Echtzeit auswerten und bei kritischen Zuständen Alam auslösen kann. Damit können rechtzeitig vor Versagen von Bauteilen Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Das neuartige System wurde in einem erfolgreichen Feldversuch getestet.

"Ein System wie das von uns entwickelte könnte dabei helfen, tragfähigkeitsrelevante Bauteile in Echtzeit und zuverlässig zu überwachen: wir wissen so, welchen Belastungen ein Bauwerk ausgesetzt ist – und wie hoch die Tragfähigkeitsreserven einzuschätzen sind. Daraus können sich wirtschaftliche Vorteile ergeben, z.B. lassen sich so kostenintensive Ertüchtigungsmaßnahmen vermeiden", sagt Professor Klaus Holschemacher von der HTWK Leipzig.

Das von den Projektpartnern in einem gemeinsamen Forschungsvorhaben entwickelte System wurde im Winter 2012/2013 in einem Feldversuch getestet. Überwacht wurde die Belastung durch Schneefall auf einem vorgeschädigten Hallendach im Vogtland. "Parallel zum Test des Systems haben wir herkömmliche Messverfahren zur Überwachung des Daches eingesetzt und die Schneelast durch einen Belastungsversuch simuliert", erklärt Prof. Dr.-Ing. Elke Reuschel von der MFPA Leipzig. "Bei laufender Produktion haben wir in der Industriehalle ein Messsystem aus konventionellen Dehnungsmessstreifen und das neuartige System aus Faser-Bragg-Gittern installiert und über 5 Monate betrieben. Dabei zeigte sich, dass das neuartige optische Messsystem sicher und zuverlässig misst." Die bekannte Langzeitstabilität, das geringe Gewicht und die hohe Strapazierfähigkeit werden als große Vorteile des neuen Verfahrens angesehen.

Das Sensorsystem besteht aus Faser-Bragg-Gittern (FBGs) - optischen Sensoren, die in ein Glasfaserkabel eingebrannt werden. Bei Bauteilverformungen oder Temperaturänderungen verändert sich die Wellenlänge des reflektierten Lichts, die gemessen und ausgewertet werden kann. Die empfindlichen Glasfaserkabel werden in dem neuen Verfahren auf ein technisches Textil aus Glas- oder Kohlefaser aufgestickt, das mit Kleberharz durchtränkt und auf die Bauteiloberfläche aufgebracht wird. Dadurch wird die FBG-Technik auch in rauer Baustellen- und Industrieumgebung einsetzbar. Im Forschungsvorhaben wurde darüber hinaus die wichtige Frage der Temperaturkompensation vollständig gelöst.

Installation des Sensorsystems (eingestickt in ein textiles Gelege) an einem Hallendach (Foto: HTWK Leipzig)