Das wachsende Holzhaus

Bauhaus-Entwurf in Dessau realisiert

In diesem Sommer haben Studierende der Universität Kassel einen nie realisierten Wohnhaus-Entwurf von 1930 des Architekten und Bauhaus-Lehrers Ludwig Hilberseimer errichtet. Standort dieses Projektes ist die zum Weltkulturerbe gehörende Laubengang-Siedlung in Dessau-Törten.

Das Besondere daran ist, dass der Architekt diesen erweiterbaren Haustypus in Holzbauweise entwarf. 400 solcher Einfamilienhäuser in unterschiedlichen Ausführungen sollten die in Dessau errichteten Laubenganghäuser ergänzen. "Der mit Abstand innovativste Beitrag des Bauhaus zum Wohnungsbau ist heute nahezu vergessen. Zumal er auch nicht in das gängige Bauhaus-Klischee passt: Nicht aus Glas, Stahl und Beton, sondern in Holzbauweise, preiswert, ökologisch und erweiterbar", sagt Prof. Philipp Oswalt, dessen Fachbereich "Architektur und Entwerfen" an der Universität Kassel es zu verdanken ist, dass die Studien von Ludwig Hilberseimer zu neuen Lösungen für das urbane Wohnen wieder aufgegriffen werden. Sie besitzen im Hinblick auf die gegenwärtige Wohnungsdebatte höchste Relevanz.

Es handelt sich um eingeschossige Einfamilienhäuser auf minimierten Grundstücken von weniger als 200 m², die es erlauben, städtische Dichten zu erreichen und damit die Vorzüge der Flachbauten, wie eine einfache Konstruktion und direkten Zugang zum Garten mit den Vorzügen urbaner Quartiere zu verbinden. Die Holzbauweise ermöglicht eine hohe Vorfertigung und damit eine preiswerte, schnelle Herstellung - und die Möglichkeit des schrittweisen Wachstums. Das Prinzip des wachsenden Hauses erlaubt sowohl das Erweitern als auch Schrumpfen, je nach aktuellem Wohnbedarf.

Das "wachsende Haus" soll bis September 2020 in Dessau genutzt und danach in der Umgebung des Hauses Lemke in Berlin (Mies van der Rohe) wieder aufgebaut werden. Van der Rohe hatte dort den Gebäudetyp von Hilberseimer aufgegriffen und daraus eine luxuriöse Villa gemacht. Auch ein Beweis für die hohe Flexibilität dieses Gebäudekonzepts von Hilberseimer.

(© Foto: Christoph Petras)