Funktionales, ökologisches und ästhetisches Bauen für die Urproduktion

Deutscher Landbaukultur-Preis 2019 zeichnet Holzbauten aus

Die Entwicklung unserer Städte und hier besonders der angespannte Wohnungsmarkt stehen seit Jahren ganz oben auf dem Tableau von Politikern, Stadtplanern, Architekten und Soziologen. Aus dem Blick geraten ist dagegen der Wandel des ländlichen Raumes, besonders des landwirtschaftlichen Bauens, zumeist verursacht durch veränderte Bewirtschaftungsformen im Agrarbereich.

Da kommt die Verleihung des Deutschen Landbaukultur-Preises zur rechten Zeit. Initiiert durch den Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband würdigt der bundesweit ausgeschriebene Preis herausragende Bauten und Außenanlagen auf landwirtschaftlichem Grund. Trägerin des Preises ist die noch junge Stiftung LV Münster des Landwirtschaftsverlages in Münster. Der Deutsche Bauernverband sowie der Bund Deutscher Architekten und der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten bieten ideelle Unterstützung.

Eine Fachjury wählte unter mehr als 80 Einreichungen sieben Neu- oder Umbauten aus. Zur Jury gehörte auch der Münchner Architekt Prof. Florian Nagler, selber ausgezeichnet für ein landwirtschaftliches Gebäude beim Deutschen Holzbaupreis des INFORMATIONSDIENST HOLZ. Alle prämierten Bauten "belegen auf herausragende Weise, wie vielfältig, stilsicher und ansprechend auf dem Land gebaut werde", so die Jury. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass alle ausgezeichneten Bauwerke unter überwiegender Verwendung des Baustoffes Holz entstanden sind. Sie orientieren sich formal sehr stark an traditionellen, landwirtschaftlichen Bautypologien und überzeugen durch ihre überzeugende Einbettung in der Landschaft.

Der Hauptpreis geht an eine Hofstelle in Gonnersdorf, einem kleinen Dorf in Mittelfranken. Nach einem Brand der historischen Anlage entstanden als Ersatz Neubauten von Dürschinger Architekten aus Fürth. Sie interpretierten den landestypischen Dreiseitenhof dergestalt, dass die Neubauten zusammen mit der markanten Schmiede zu einem Blickfang mitten im Ort geworden sind. Das Beispiel zeigt, wie gut funktionales und modernes Bauen mit regionalen Materialien und dem Anspruch an ein harmonisches Erscheinungsbild zusammengehen.

Auffallend auch die Auszeichung eines ökologischen Sauenstalls im unterfränkischen Junkershausen. Gebaut in Vollholzbauweise, realisiert durch den Architekten Holger Fenchel aus Meiningen und das Landschaftsbüro Pirkl-Riedel-Theurer aus Traisa. Die Jury lobte den vorbildlichen Umgang mit dem Baustoff Holz sowie die vorbildliche Kombination mit Hecken, begrüntem Dach und Besucherplattform.

Die ausgezeichneten Beispiele sollten allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die gebaute Realität auf dem Land heute in der Regel anders aussieht. Sie ist Ausdruck eines kulturellen Verlustes, dem die Auslober des Landbaukultur-Preises erklärtermaßen entgegenwirken. Bei all den guten Beispielen bleibt allerdings die bange Frage, ob diese der ländlichen Baukultur echte Impulse für die Zukunft verleihen können. Gerade landwirtschaftliches Bauen findet heute in einem extrem kostenbewussten Umfeld statt. Rein ökonomischen Gesichtspunkten unterworfenes Denken bei der Entscheidung für Bauinvestitionen lässt die Qualitäten aus dem Blick geraten, die gerade auch der Baustoff Holz bei der Errichtung von Ställen, Scheunen, Hallen, Außenanlagen oder Wohnhäusern auf dem Land bietet.

Hofanlage im mittelfränkischen Gonnersdorf von Dürschinger Architekten, Fürth (Foto: Deutscher Landbaukultur-Preis)

Ökologischer Sauenstall im unterfränkischen Junkershausen von Holger Fenchel, Meiningen und Pirkl-Riedel-Theurer, Traisa (Foto:Deutscher Landbaukultur-Preis)